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Ein Standpunkt zum Thema Corona

Liebe KollegInnen der Personalvertretungen und Gewerkschaften der LehrerInnen!

 

Sehr geehrte Bundesregierung! 

Sehr geehrter Herr Minister Faßmann! 

Sehr geehrter Herr Minister Anschober!

 

Als Freiheitlicher Lehrerverein Oberösterreich sehen wir uns verpflichtet, den geplanten Neustart der Schulen  anhand der von Ihnen veröffentlichten Informationen und gegebenen praktischen Umständen im Sinne der Sicherheit aller Beteiligten zu hinterfragen.

 

Da das Zahlenwerk zum Thema Covid-19 Infektionen bzw. deren Folgen sowohl europäisch als auch national einige Fragen aufwirft und die Verhältnismäßigkeit der Verordnungen selbst kritische Stimmen bei PV Fraktionen einer Regierungspartei auslöst, sehen wir uns gezwungen, hiermit an Sie heranzutreten. 

 

Wir sind ein verantwortungsvoller Verein, der die Interessen der LehrerInnen vertritt und daher Ihre Informationen und Verordnungen ernst nimmt. 

Dies bedeutet, dass wir SARS Cov 2 als einen bestimmte Personengruppen („Risikogruppe“) stark gefährdenden Virus betrachten.

 

Wie allgemein bekannt ist, besteht gerade in der Lehrerschaft ein hoher Anteil an Personen, die sich kurz vor Pensionsantritt befinden und somit eher der Risikogruppe angehören. 

Diese Personen sollen nun wieder in den Schulalltag zurückkehren, wobei unklar ist, wie dieser aussehen soll.

Jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt aus der Praxis die Zeit der Grippewellen, in der manche Klassen nur spärlich besetzt sind. Diese Tatsache ist sicher der räumlichen Nähe über mehrere Stunden und der fehlenden Distanz im Habitus der Jugend geschuldet. Die derzeit kolportierten Fälle, dass Kinder und Jugendliche ein stärkeres Immunsystem haben, sind sicherlich nicht entscheidend, da dies eine bekannte Tatsache ist und über Einzelfälle ohne klinische Studien jeder Aussagekraft entbehren. Tatsache ist auch, dass Kinder auch mit verminderter Virenlast zu den Überträgern zählen.

 

Dies bringt uns dazu, bzgl. der geplanten Öffnung der Schulen als eine der Hauptübertragungswege für SARS Cov 2, einige Fragen zu stellen, die im Sinne der Sicherheit von SchülerInnen, LehrerInnen und Angehörigen einer klaren und verbindlichen Antwort bedürfen.

 

Zum Thema Hygiene gibt es viele offene Fragen, die wie folgt lauten:

 

1. Welche Schutzausrüstung wird in welchen Mengen LehrerInnen und SchülerInnen zur Verfügung gestellt und werden diese fristgerecht ausgegeben?

2. Ist die Schutzausrüstung für einen Dauerbetrieb geeignet, da OP-Masken eigentlich Einwegartikel sind. 

3. Wer ist für die Desinfektion der Räume bei Gruppenwechsel oder geänderter Raumbelegung im Betrieb verantwortlich? Wir betrachten dies speziell für Funktionsräume oder Ganztagsschulen!

4. Der Großteil der Klassenzimmer verfügt über keinen Warmwasseranschluss beim Waschbecken! Wird hier eine Lösung vorhanden sein bis zum Beginn?

5. Wie wird der Schülertransport unter diesen hygienischen Richtlinien garantiert?

6. Wie erfolgt der Betrieb von Schulküchen und Ausspeisungen oder Schulbuffets unter dem Umstand einer sehr restriktiv eingeschränkten Gastronomie?

 

Zum Thema Schulalltag und Ausstattung haben wir folgende Fragen:

 

1. Wie soll der Unterricht in bestimmten Stunden wie Sport, Chor usw. erfolgen, wo eine räumliche Nähe unvermeidbar ist bzw. per Definition nicht möglich ist?

2. Wie soll die Problematik der vorhandenen Räumlichkeiten und der bisherigen Klassenschülerhöchstzahlen auch bei Gruppenbildung im Rahmen der normalen Schulzeiten gelöst werden? Schulen können die notwendigen Räumlichkeiten nicht so schnell zur Verfügung stellen.

3. Wie groß ist der Mindestabstand zwischen Schülern definiert? Der FLV geht davon aus, dass auch die Mindestdistanz österreichweit einheitlich definiert sein muss!

4. Wie wird auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Bedürfnisse von SchülerInnen in diesen Sicherheitsmaßnahmen eingegangen?

5. Wie wird auf unterschiedliche Bedürfnisgruppen bzw. verhaltensauffällige oder EFB SchülerInnen Rücksicht genommen?

6. Wie wird die Verantwortlichkeit und Sicherheit bei SchülerInnen, LehrerInnen oder Angehörigen, die der noch zu definierenden Risikogruppe angehören, geregelt bzw. definiert?

 

Aus Sicht des Lehrkörpers bzw. Personals im Schulwesen ergeben sich noch diese Fragen:

 

1. Wie ist die Sicherheit der LehrerInnen gewährleistet, wenn man die Sicherheitsmaßnahmen in Geschäften als Vergleich heranzieht? Wer überwacht die Einhaltung der Maßnahmen, da wir als LehrerInnen keine SicherheitsbeamtInnen sind?

2. Wenn es zu den geplanten Gruppenteilungen kommen sollte, stellt sich die Frage, ob eine Erhöhung der Lehrverpflichtung vorgesehen ist und ob dies auch finanziell abgegolten wird?

3. Wird trotz des über Gebühr erhöhten Aufwandes für das „Distance Learning“ oder „Homeschooling“ zusätzlich ein Unterrichtsbetrieb im Sommer erwogen und wird dieser falls notwendig, dann extra finanziell abgegolten? 

4. Wer trägt im Falle einer Infektion und den daraus entstehenden Folgen die Verantwortung?

5. Wie wird die Infrastruktur für das „Distance Learning“ des Lehrpersonals abgegolten, welche die KollegInnen anschaffen mussten oder zur Verfügung gestellt haben?

 

Der FLV OÖ begrüßt zur Eindämmung der Covid-19 Erkrankungen alle Bemühungen den Übertragungsweg des SARS Cov 2 Virus zu unterbrechen und unterstützt dabei die Maßnahmen und das „Distance Learning“ für einen gewissen Zeitraum. 

Dies darf jedoch nicht zu Lasten des schulischen Personals gehen! Wenn die Gesundheitsgefahr so groß ist, wie von der Regierung dargestellt und damit die Eingriffe in die verfassungsmäßigen Grundrechte der letzten Wochen rechtfertigt, so ist gerade bei der geplanten Öffnung des Schulbetriebes besonders darauf Rücksicht zu nehmen!

Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass die erlassenen Maßnahmen (Homeschooling, etc.) von den Lehrerinnen mit großem Engagement gut bewältigt wurden und die Regierung und ihre Maßnahmen unterstützt haben. 

 

Rückblickend auf die Geschehnisse seit 16. März 2020, die Entwicklung der Statistik, den Zustand unserer verfassungsmäßigen Rechte, die Folgen für die Wirtschaft und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen, wäre eine wohl durchdachte und bedachte Herangehensweise an diese Situation besser gewesen.

Eine Verlängerung des Pflegeurlaubes für beide Elternteile um 2 Wochen hätte diesen Zeitraum ohne größeren wirtschaftlichen Schaden für die Republik gut überbrückt! 

 

 

In Erwartung auf eine klarstellende Antwort der Fragen verbleiben wir.

 

 

Vorstandsmitglieder des FLV OÖ

 

Dipl.Ing. Dietmar Wokatsch-Ratzberger, Obmann

BEd Wolfgang Umgeher, Obmannstellvertreter

Dipl. Päd. Klaus Samhaber, Vorstandsmitglied